Bio? Logical!

Direkt nach der Aussaat ist Saatgut gegenüber Krankheiten und Schädlingen besonders empfindlich. Um es vor äußeren Stressfaktoren zu schützen und in seiner Entwicklung zu stärken, wird Saatgut häufig mit Beizmitteln umhüllt. Diese können gleichermaßen synthetische Pflanzenschutzmittel enthalten, aber auch biologische, wie Nora Temme, Leitung Biologicals bei KWS, erklärt. „Biologicals stellen eine sinnvolle Ergänzung zu synthetischen Beizen dar. Mit ihren Applikationen nutzen wir zuträgliche Interaktionen und Stimuli der Natur und setzen sie für unsere Kulturarten gezielt ein.“ Biologicals bestehen aus nützlichen Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilzen sowie anderen Substanzen natürlichen Ursprungs (z. B. Pflanzenextrakten). Sie werden gezielt am Saatgut aufgebracht und können den Keimling in sehr geringer Dosierung effizient schützen – zum Beispiel als biologischer Pflanzenschutz wirken, die Fixierung von Stickstoff verbessern oder auch die Wurzel- und Triebkraft der Pflanzen fördern. Auf diese Weise leisten sie einen wichtigen Beitrag, um die von der Politik vorgegebene Reduzierung von Düngemitteln und Pflanzenschutz zu ermöglichen.

Erstes marktreifes KWS Produkt für Zuckerrüben

Seit 2018 treibt KWS die Entwicklung von spezifischen Biologicals voran – mit Erfolg. Mussten bislang viele Mikroorganismen unmittelbar vor der Aussaat am Saatgut appliziert werden, hat KWS gemeinsam mit Biotenzz, einer Ausgründung der Technischen Universität Graz, ein spezielles Stabilisierungsverfahren der BFC-Technologie entwickelt: Die Bakterien werden zunächst in mikroskopisch feine Kapseln eingebettet und anschließend direkt auf das Saatgut aufgebracht. Ein Novum in der Branche. Das erste marktreife Produkt, das auf diesem Verfahren basiert, ist ein Pflanzenhilfsmittel für Zuckerrüben. Es kombiniert sechs spezifisch für die Zuckerrübe selektierte Bakterienstämme, die unter anderem die Jugendentwicklung sowie das Ertragspotenzial unter Stressbedingungen wie Trockenheit oder Kälte unterstützen. Sorten mit der neuen Technologie stehen seit 2022 in ersten europäischen Ländern zur Verfügung. Weitere auf dieser Technologie basierende Biologicals auch für andere Kulturen wie Roggen oder Raps werden folgen.

Nach Lösungen sucht KWS zudem außerhalb der Landwirtschaft, erklärt Nora Temme: „In der Lebensmittelindustrie gibt es Anwendungen, die auch in der Saatgutbehandlung funktionieren. So eignen sich etwa natürliche Konservierungsmittel aus der Milch- und Käseproduktion auch gut für den Schutz von Saatgut.“ Die bislang größte Herausforderung besteht darin, die empfindlichen Mikroorganismen dauerhaft und stabilisiert am Saatgut anzubringen. Nur dann können sie den Prozess des Beizens und eine längere Lagerung überstehen. Dass ähnlich gelagerte Verfahren in Zukunft gleichermaßen Lösungen für den konventionellen wie für den ökologischen Landbau bieten, davon ist die KWS überzeugt: „Wir verstehen die Wirkung von Biologicals immer besser und können sie durch bestimmte Technologien so optimieren, dass sie ihr gesamtes Potenzial als Saatgutbeize entfalten. Unser Ziel ist es, Biologicals für alle KWS Kulturarten weiterzuentwickeln. In Zukunft könnten Biostimulanzien und biologische Pflanzenschutzmittel synthetische Beizen nicht nur ergänzen, sondern sogar ersetzen.“