Unabhängigkeit

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Im Herzen der
Rapszucht.

Die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft im Allgemeinen und den Rapsanbau im Speziellen sind im Wandel. Während Schädlinge und Krankheiten zunehmen, verschärfen sich die politischen Vorgaben zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Addiert man zukünftige klimatische Extreme, Ernährungssicherung und ökonomische Ziele, ergibt sich für Landwirte ein großes Spannungsfeld. Die KWS Rapszüchtungsprogramme in Frankreich und Deutschland zeigen, wie dank züchterischer Erfolge Ressourceneinsatz reduziert und Kulturpflanzen widerstandsfähiger werden können.

Andreas Gertz | Leiter kontinentales Rapszuchtprogramm

Dr. Andreas Gertz ist hochzufrieden. Was den leitenden KWS Rapszüchter so erfreut, sieht für das ungeübte Auge auf den ersten Blick ungewohnt aus. Große Trichter hängen in einer Vorrichtung über mit einer Flüssigkeit gefüllten Bechern. In diesen Bechern sind Larven zu erkennen. Die geringe Anzahl der Insekten, die er dank der sogenannten Berlese-Methode (siehe Infografik) festgestellt hat, sorgt für die große Zufriedenheit bei Andreas Gertz. Denn das Ergebnis reduzierter Larven bedeutet, dass die Züchter ihren Job gemacht haben. Schließlich entpuppt sich das, was so klein und vermeintlich harmlos in der Flüssigkeit der Becher schwimmt, als einer der größten Feinde des Raps: Aus der Larve entwächst später ein Rapserdfloh. Dieser ist entgegen seinem Namen kein Floh, sondern ein Käfer und steht als Schädling mit im Fokus der Rapszüchtung bei KWS.

Raps eignet sich sowohl zur Herstellung von Öl für die menschliche Ernährung als auch zur Herstellung von Biokraftstoff und nicht zuletzt sorgt eiweißreicher Rapsschrot in der Rinderfütterung dafür, dass der Proteinanteil im Tierfutter aus regionalem Anbau stammt.

Andreas Gertz | Leiter kontinentales Rapszuchtprogramm

Andreas Gertz weiß viel über die Vorteile von Raps zu berichten. Schließlich ist er seit 2002 bei KWS tätig und heute für das kontinentale Rapszuchtprogramm verantwortlich. Als wichtiger Bestandteil der Fruchtfolge zwischen Getreidekulturen hat Raps große Vorteile für die Bodenqualität und Folgekulturen. Sein ausgeprägter Blattwuchs unterdrückt Unkraut, beugt einer zu starken Austrocknung des Ackers vor und bewahrt den Boden vor Erosion. Darüber hinaus ist Raps nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll, sondern bietet auch als Nutzpflanze viele Vorteile. „Raps eignet sich sowohl zur Herstellung von Öl für die menschliche Ernährung als auch zur Herstellung von Biokraftstoff und nicht zuletzt sorgt eiweißreicher Rapsschrot in der Rinderfütterung dafür, dass der Proteinanteil im Tierfutter aus regionalem Anbau stammt“, führt Gertz aus.

Insektizideinsatz zunehmend begrenzt

Gleichzeitig gibt es Herausforderungen für den Raps: Die Kultur ist von der Aussaat bis zur Ernte mit einem hohen Schädlingsdruck konfrontiert – zum Beispiel mit dem Rapserdfloh. Der Käfer frisst an den Keimlingen bzw. den ersten Blättern der frisch gekeimten Pflanze. Später legt er dann seine Eier neben die Pflanzen und die daraus schlüpfenden Larven fressen während des Winters in den Blattstielen und anderen Teilen der Rapspflanzen. Das macht Insektizidbehandlungen notwendig. Jedoch wird der Einsatz von Insektiziden durch regulatorische Auflagen zunehmend begrenzt beziehungsweise verlieren bestimmte Mittel an Wirksamkeit.

Genau hier setzt KWS mit züchterischen Lösungen an: Die Nachhaltigkeitsinitiative 2030 zielt unter anderem darauf ab, Betriebsmittel wie beispielsweise Pflanzenschutzmittel zu reduzieren. Gleichzeitig bleibt angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und der zunehmenden Folgen des Klimawandels die Sicherung und Steigerung von Erträgen weiterhin wichtig.

Exzellente Genetik schützt auf natürliche Weise

Die Pflanzenzüchtung steht in diesem Zuge auch beim Raps vor der Herausforderung, dass entwickelte Mechanismen nur punktuell greifen. Was den einen Käfer beeinflusst, beeindruckt einen anderen kaum. Das macht die Suche nach Lösungen komplexer. Andreas Gertz hat sich dieser intensiven Lösungssuche verschrieben und behält einen realistischen Blick auf die Schädlingssituation: „Der Rapserdfloh ist ein ernsthaftes Problem für die Pflanzen.“ Lösungen gegen den Blattbefall durch den erwachsenen Käfer im Sommer in Form effektiver Beizen stehen erst am Anfang. Dieser Befall sei in Deutschland zwar selten, weiß Gertz zu berichten, er habe aber schon massiven Schaden in Großbritannien, Frankreich und Polen gesehen. „Bislang wurde kein genetisches Material gefunden, das den Raps eine Resistenz oder Toleranz gegenüber dem erwachsenen Insekt entwickeln lässt“, erläutert Gertz und ergänzt, dass sich momentane Züchtungsprogramme erst in der Frühstufe befänden.

Kontrolle ist besser: Die Berlese-Methode.

Allerdings hat KWS dank viel züchterischem Know-how und Weitblick die sogenannten InsectPROTECT Sorten entwickelt, die einen starken genetischen Schutz gegen die zweite Schädigungswelle durch die Larven bieten. Dabei haben sich mit unter anderem FELICIANO KWS, KWS DEMOS und KWS AMBOS drei Sorten herauskristallisiert, die einen um bis zu 30 Prozent geringeren Befall mit Rapserdflohlarven als Vergleichssorten zeigen. So wird die Pflanze auf natürliche Weise geschützt. KWS ist mit InsectPROTECT derzeit das einzige Züchtungsunternehmen weltweit auf dem Markt, das Sorten anbietet, bei denen die Anzahl der Larven nachweislich reduziert wird.

Kleiner Kerl, großer Schädling: Um aktiv gegen den Rapserdfloh vorzugehen, arbeitet KWS an innovativen Lösungen.

Hoher Käferdruck im Rapsanbau

Die Herangehensweise in der Züchtung resistenter Sorten gliedert sich dabei in mehrere Schritte. „Im Fall des Rapserdflohs beispielsweise ist die Basis, nach einem aufwändigen Screening genetisches Material zur Verfügung zu haben, das weniger anfällig gegenüber dem Schädling ist“, leitet Rapszüchter Gertz ein und erklärt die darauffolgenden Schritte: „Dieses muss dann mit leistungsfähigen Sorten gekreuzt werden. Die Nachkommen dieser Kreuzungen werden anschließend wieder mithilfe der eingangs beschriebenen Berlese-Methode auf Larvenanzahl und Befallsgrad der Pflanzen untersucht und die besten Linien selektiert.“

Züchterische Weiterentwicklungen sind im Rapsanbau gefragt. Denn mit dem Großen Rapsstängelrüssler und dem Schwarzen Kohltriebrüssler üben zwei weitere Käferarten Druck auf den Raps aus. Mit zwei Züchtungsprogrammen für die maritimen sowie die kontinentalen Gebiete geht KWS im nordfranzösischen Mons-en-Pévèle sowie in Einbeck in Deutschland aktiv die Herausforderungen im Raps an.

Resistenzgene als Meilensteine

In welchem Wettlauf sich die Züchtung auch mit Ertragseinbußen durch Krankheiten befindet und wie KWS in diesem Rennen die Oberhand behält, zeigen die Weiterentwicklungen bei Phoma lingam. Die Pilzinfektion in Form von Wurzelhals- und Stängelfäule hat im Rapsanbau eine große Bedeutung. Durch die Züchtung ist es gelungen, Sorten zu entwickeln, die nicht mehr stark befallen werden. Die Grundlage bilden Sorten, die eine Basistoleranz aufweisen und gegen alle Varianten des Schadpilzes gleich effektiv wirken. Darüber hinaus ist die Einkreuzung neuer, verschiedener Resistenzgene ein wichtiger Schritt. Einer möglichen Resistenzbrechung beugen die Züchter vor, indem sie immer neue Varianten mit neuen Resistenzgenen entwickeln. Mit der Einkreuzung solcher neuen Resistenzgene und dem damit verbesserten Schutz vor Phoma konnte KWS zuletzt einen weiteren Meilenstein setzen.

Mithilfe züchterischer Fortschritte will KWS auch zukünftig gegenüber anderen Krankheiten gewappnet sein: Bei der Weißstängeligkeit steht die Züchtung von Resistenzen erst am Anfang und es sind noch keine entsprechenden Sorten verfügbar. Deshalb kann man die Pilzinfektion momentan nur mit Pflanzenschutzmitteln gut in den Griff bekommen. Auch Stängelsteifigkeit und Graufleckenkrankheit sind Pilzinfektionen, die im Rapsanbau bedeutsam sind. Gegen beide Krankheiten gibt es zwar keine völlige Resistenz, jedoch haben KWS Sorten eine gute Toleranz ihnen gegenüber und können den Befall reduzieren.

Andreas Gertz steht neben den großen Trichtern für die Berlese-Methode und blickt mit seiner Erfahrung auf die Fortschritte der vergangenen Jahre. Neben den züchterischen auch die ackerbaulichen und wirtschaftlichen Potenziale der Kulturart zu heben, wird der Anspruch des Unternehmens in den kommenden Jahren sein. Und die Zahlen geben Gertz und KWS recht. Während die Rapsflächen in Europa konstant bleiben, steigt der Anteil von angebauten KWS Sorten. Dank der Weiterentwicklungen in der Rapszucht will KWS, wie schon in der Vergangenheit, auch zukünftig zur Wertschöpfung in der Landwirtschaft deutlich beitragen.

KWS Background

Raps in Zahlen